Ein Drehorgelspieler verbreitet mit seinem gesamten Auftreten Freude und so sollte auch ein Denkmal möglichst lebendig sein. Gerade in früheren Zeiten, als die Musik noch selbst gemacht wurde und es noch nicht die unendlichen Möglichkeiten gab Musik zu hören wie heute, waren die Menschen dankbar für diese direkten Darbietungen.
Ein Drehorgelspieler mit seiner Drehorgel schien mir ein zu bekanntes und zu einfaches Bild für ein Denkmal zu sein. Es sollte einfach mehr passieren und so kamen die Kinder als Zuhörer, ein kleiner Hund und natürlich der kleine Affe mit auf das Bild.
Sobald man an so viele Formen denkt, bietet sich eine Arbeit in Stein an. Im Stein ist es besser, eine Form zu erfinden als in die Tiefe zu gehen und mühsam Material wegzuschlagen. Andererseits wird paradoxerweise der Stein um so größer, je mehr Stein man wegschlägt und je mehr Formen man im Relief herausarbeitet.
Eine Bildhauerarbeit wird vor allem dann lebendig, wenn viele kleine liebevolle Details vorhanden sind, die erst auf den zweiten Blick zu sehen sind. So habe ich für diese Arbeit den dichten Kalkstein Gohare-Beige ausgewählt, der eine helle, warme, graubeige Farbe hat, der eine extrem feine Bearbeitung fordert und dessen Oberfläche polierbar ist. Es ist schließlich auch ein Denkmal zum Anfassen.
Die Grundform des Denkmals ist der Zylinder, er erinnert natürlich an die Walze in der Drehorgel. In diesem Fall dreht sich allerdings nichts mechanisch, sondern man muss sich selber bewegen und um das Denkmal herumgehen, um die Bildhauerarbeit vollständig zu erfassen. Die Zuschauer drehen sich um die Figuren.
Die Räder und der Reifen des Mädchens nehmen wie der Zylinder die Rotationsform auf und bilden mit den Protagonisten, die im Kreis stehen wie die Orgelpfeifen, Punkte, die das Auge steigend und fallend immerzu rhythmisch nachfolgen will.
Bevor man mit einer derart komplexen Arbeit am Stein beginnt, sollte man auf jeden Fall ein aussagekräftiges Modell machen, damit möglichst viele Probleme im Vorfeld geklärt sind und keine Fehler passieren, wenn insbesondere große Flächen weggeschlagen werden.
Die größte Schwierigkeit bei der skulpturalen Arbeit am Stein besteht eigentlich darin, dass jede Zeichnung, die man auf den Stein aufträgt, bei der Bearbeitung unmittelbar verschwindet. Orientierung bieten Linien, die man diszipliniert in die Tiefe mitnimmt und gut messbare, kantige Formen, wie zum Beispiel die Drehorgel. Ebenfalls gute Orientierungspunkte sind zum Beispiel Schultern und Ellbogen. Schwieriger festzulegen sind Achsen, die die Drehung der Köpfe bestimmen. Sobald eine Form verortet ist, arbeite ich diese relativ präzise heraus. Verschieben lässt sie sich im weiteren Verlauf dann immer noch.
Um eine gute Arbeit zu machen, muss man genau hinsehen. Ich bin überzeugt, dass man um glaubwürdig zu sein, in jedem Fall mehr Informationen braucht, als man im Stein zeigt. Es kommt natürlich auf den Maßstab an und gilt zum Beispiel für den Affen, aber auch für die Melone, die Bewegung des Hundes, die Orgelpfeifen und viele andere Dinge, die man eigentlich zu kennen glaubt. Im Folgenden möchte ich ein wenig die Darsteller charakterisieren.
Der Drehorgelspieler ist schon oft mit der Orgel aufgetreten und sieht etwas gedankenverloren in die Ferne. Er hat nicht den teuersten Anzug an und trägt auch keine Krawatte, spielt aber routiniert und schützt seine Drehorgel sorgsam mit einer Decke. An den Wagen hat er seine Ledertasche mit Proviant gehängt, deren Inhalt das Interesse des kleinen Hundes weckt.
Das Mädchen ist auf Augenhöhe mit den Kindern, die das Denkmal betrachten. Es hat sein Spiel mit dem einfachen Reifen unterbrochen, horcht konzentriert auf die Musik und signalisiert das auch. Durch die zu Zöpfchen gebundenen Haare wird als kleines, aber wichtiges Detail, ihr Ohr gut sichtbar.
Der Junge ist ein spezieller Fall, ihn faszinieren andere Dinge. Er hat jedenfalls nichts Besseres zu tun, als die Reaktion des Affen zu testen, indem er diesen am Schwanz zieht.
Besonders viel Spass hat mir die Arbeit an dem Affen gemacht, genauer gesagt an der Grünen Meerkatze. Er ist ziemlich raumgreifend und hat das rechte Hinterbein kollegial auf die Schulter des Drehorgelspielers gelegt. Auch hat er ansonsten alles souverän im Griff und äfft die Zuschauer in den Fenstern der oberen Etagen der imaginären Wohnhäuser nach.